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Interview mit John Thrower

geführt von Evgeniya Kavaldzhieva
aus dem Englischen übersetzt von Angela Ulrich
 
Die meisten Komponisten, die für Marimba schreiben, spielen selbst das Instrument oder haben Schlagzeug studiert. Sie sind eine Ausnahme. Ihr erstes Marimbawerk wurde 1997 geschrieben. Wie sind Sie auf die Idee gekommen, für ein Instrument zu komponieren, das relativ unbekannt ist, wie Marimbaphon?
 
Ich bin Preisträger für Komposition des CBC Rundfunk (Canadian Broadcasting Corporation) und habe Komposition an der Universität Toronto studiert. Die Marimba ist ein Standardinstrument in der Perkussions Abteilung. Ich habe schon vor 1997 für Marimba geschrieben, allerdings in Orchesterwerken.
Steve Reich hat erfolgreich für Marimba geschrieben, obgleich er kein Marimba spielt. Es ist wahr, dass die meisten Marimbastücke von Marimbaspielern geschrieben wurden, was manchmal ein Nachteil sein kann, obwohl sehr viele erfolgreiche Stücke von Marimbaspielern geschrieben wurden.
Marimbakomponisten, die nur Marimbastücke komponieren, haben den Vorteil, dass die Stücke technisch Marimba-orientiert sind, aber möglicherweise leiden die Werke unter der allgemein konzeptionellen Seite. Komponisten sollten für alle Instrumente schreiben können. Damit kann der Komponist mehr Erfahrung erlangen und hat dadurch einen breiteren Background.
Ein Beispiel: Stellen Sie sich vor, J. S. Bach hätte nur für Orgel oder Cembalo komponiert. Er wäre wahrscheinlich nicht der große Komponist, den wir heute kennen. Ein Komponist wie Chopin, der nur für Klavier komponiert hat, ist eine Ausnahme.
Wenn ich für Marimba komponiere, höre ich Streicher, Elektronische Klänge, Holzbläser und nicht nur Marimba. All die unterschiedlichen Klangfarben sind vorhanden. Ein anderes Gebiet ist die Form. Ich habe längere Stücke von mehr als zwei Stunden Dauer geschrieben (Requiem, Bühnenwerke). Dies fördert einen anderen Blickwinkel, den man nicht bekommen kann, wenn man nur Stücke komponiert, die kürzer als, sagen wir, zwanzig Minuten sind.
Ein Beispiel: Das Werk "Just One World" (Sopran, 2 Marimbas) wäre schwierig gewesen, wenn ich nicht die Erfahrung gehabt hätte, längere Werke zu komponieren. Vielleicht ist dies der Grund, warum es immer populärer wird. Katarazyna Mycka sagte über Just One World "Es ist eine Symphonie für zwei Marimbas." Ich glaube, wenn ich ausschliesslich Marimbastücke komponiert hätte, wäre "Just One World" nicht so lebendig geworden.
 
"Aurora Borealis" (Ihr erstes Stück) hat seinen Platz im Marimbarepertoire gefunden. Trotz dieses Erfolgs gab es eine Pause von 5 bis 6 Jahren bevor Sie ein neues Stück für Marimba schrieben. Warum?
 
Ich glaube, dass die meisten Komponisten, die für unterschiedliche Instrumente komponieren, in der Regel nicht ein Stück nach dem anderen für das gleiche Instrument schreiben, es sei denn, es handelt sich um eine Serie von Stücken. Ich habe andere Werke (ein Streichquartett, eine Orchester-Ouverture, diverse Lieder, Instrumentalstücke, usw.) komponiert.
Zum Beispiel habe ich ungefähr 18 Stücke für Soloklavier geschrieben, aber innerhalb eines Zeitraums von 25 Jahren. Es gab eine große Spanne von 15 Jahren in denen ich keine Klavierwerke komponiert habe.
 
In den letzten Jahren haben Sie wieder mehr für Marimba geschrieben. Mir fällt auf, dass die Werke Katarazyna Mycka, Momoko Kamiya und Bogdan Bacanu gewidmet sind. Waren diese Werke Auftragskompositionen oder inspirierte Sie das Können dieser Marimba-Künstler?
 
Alle meine Werke für Marimba waren Auftragswerke. Es gab einen Zeitraum von 2 oder 3 Jahren zwischen "Aurora Borealis" und "Just One World". Ich glaube dies war natürlich, aber es brauchte auch ein paar Jahre bis "Aurora" in der Marimbawelt bekannt wurde. Als dies passierte, bekam ich den Auftrag vom Momoko Kamiya "Just One World" zu komponieren. Ein Jahr später hörte Bogdan Bacanu die europäische Premiere in Polen (Katarazyna Mycka und Momoko Kamiya) und war von der Musik sehr beeindruckt.
Ein paar Monate später bat mich Bogdan ein Konzert für Marimba zu komponieren ("Rhythms of Life"). Dieses Werk kann als Solostück oder als Konzert mit Streichern und Perkussion gespielt werden. Wie es dazu kam, war in der Tat etwas ungewöhnlich. Ich sagte zu Bogdan, dass die Chance, ein neues Marimbakonzert zu schreiben, das öfters aufgeführt werden wird, zu gering sei, um ein großes Werk zu rechtfertigen. Er sagte: "Dann schreibe es als Solostück mit optionalem Orchester."
Zuerst dachte ich, dass das unmöglich sei. In einem Solostück spielt der Solist von Anfang an bis zum Schuss, basta! Aber in einem Konzert gibt es Orchesterzwischenspiele, ein Spiel zwischen Begleitung und Solo. Ich bin jedenfalls immer offen für Herausforderungen.
Ich überlegte ganz genau und schließlich war das Stück fertig. Ein halbes Jahr später hatten wir die Uraufführung mit dem Radio-Sinfonieorchester Bukarest und einen Monat später nahmen wir es mit den "Salzburger Solisten" auf CD auf. Bogdan machte zwei Aufnahmen — eine Orchesterversion und eine Soloversion. Ich mag sie beide und für mich sind beide gleichwertig, was ihre Ausdruckskraft betrifft. Die Soloversion ist ganz erstaunlich und die Orchesterversion ebenfalls. Jedoch, Bogdans Solointerpretation ist ein Stück Geschichte... als wenn er wie Glenn Gould Bach spielte. Die Soloversion ist auf der CD "True Colours" ...für mich ist sie ein Meisterwerk.
 
Für die CD "Rhythms of Life" lud Bogdan Momoko ein, um "Just One World" aufzunehmen. Bogdan sagte: "Wir haben "Rhythms of Life" und "Just One World". Wenn Du uns noch etwas für 2 Marimbas und Sopran schreibst, werden wir es für die CD dazunehmen."
So entstand "Love Songs" (2 Marimbas und Sopran) quasi über Nacht, wobei einige der Songs dem Ballett "Book of Dreams" entnommen sind, so ging es doch relativ schnell. Auf die gleiche Weise enstand auch "True Colours" (solo Marimba) — ein Stück für Bogdans CD mit eben diesem Namen.
Dies ist die Art und Weise wie ich gerne komponiere — schnell und sofort umsetzen. Deshalb gab es in letzter Zeit mehrere Marimbastücke. Es hat hauptsachlich mit Bogdan Bacanu zu tun, der mich bat, für seine CD-Aufnahmen zu komponieren.
Das Stück "Preludes, Themes & Dance" ist eine Ausnahme und war ein Geschenk an Momoko Kamiya, weil sie so viel für meine Musik getan hat, insbesondere für "Just One World", das sie in Auftrag gegeben hat. Sie ist eine erstaunliche Künstlerin, absolut unermüdlich in Ihren Bemühungen für die Marimba. Ich bin ihr sehr dankbar!
 
Können Sie uns sagen, auf welchen CD-Produktionen Ihre Werke interpretiert werden?
 
Bogdan Bacanu nahm vor einige Wochen "Aurora Borealis" auf. Das ist die dritte CD von Bogdan mit meine Werken. Die CDs sind "Rhythms of Life", "True Colours" und jetzt "Aurora Borealis" — alle von dem Label Classic Concert Records (www.ClassicConcert.com). Momoko Kamiya hat die erste Aufnahme von "Just One World" aufgenommen ("Marimba Virtuoso" bei dem Label Philips Universal Classics and Jazz) und Katarazyna Mycka spielte die erste CD Aufnahme von "Aurora Borealis" ("Marimba Dance" bei dem Label Audite) ein.
Aber es gibt andere Aufnahmen. Das "World Trio" aus der Schweiz machte neulich eine tolle DVD Demo mit Ausschnitten aus "Just One World" (zu sehen unter www.myspace.com/worldtrio). Schauen Sie sich das unbedingt an, es ist super!
 
Sie schreiben für alle Instrumente. Aber welche Bedeutung hat die Marimba für Sie als Komponist?
 
Wenn Interpreten wie Kaska, Momoko und Bogdan meine Werke spielen, ist das ein Genuss, aber ich habe auch andere Interpreten gehört und jeder spielt auf seine Art und Weise, jeder hat eine andere Vision — alle excellent.
Warum sage ich das? Die Bedeutung der Marimba ist für mich eng verknüpft mit den Persönlichkeiten, mit denen ich zusammenarbeite. Auf der anderen Seite ist die Marimba ein modernes Instrument, ja — die Königin der Perkussions-Abteilung. Wir wissen, dass die Perkussions-Abteilung immer mehr an Bedeutung gewinnt, vor allem in den Kompositionen des Zwanzigsten Jahrhunderts.
Ich war auf verschiedenen Marimbafestivals und habe jede Menge Spieler und Studenten aus der ganzen Welt kennengelernt. Ich glaube die Gemeinschaft der Marimbaspieler ist offen und unkompliziert, jugendlich und modern. Ich mag das, weil sie sich von der momentanen traditionellen klassischen Szene unterscheidet, die etwas verstaubt und alt wirkt, obwohl die Klassikszene das bestreiten würde.
Die Welt der Marimba hat mehr Potential. Deshalb meine ich: Wir müssen nicht immer auf die Klassikszene schauen, um Inspiration zu bekommen. Gestalte Deine eigene Welt — und das Publikum wird es honorieren!
 
Was können wir (Marimbspieler und begeisterte Zuhörer) von dem Komponisten John Thrower in der Zukunft erwarten?
 
Ich kann mir vorstellen andere Werke für Marimba zu schreiben. Aber dann etwas Aussergewöhnliches wie "Just One World"... etwas Besonderes. Das heisst, vielleicht eine andere Kombination von Instrumenten und über einen anderen Weg nachzudenken, die Marimba (durch die Form und Komposition) einem breiteren Publikum zugänglich zu machen.
 
Vielen Dank für dieses Interview!
 
 
Alle oben genannten Stücke des Komponisten (außer "Aurora Borealis" / Norsk) sind erhältlich unter www.JohnThrowerMusic.com
 
 

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